DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR PSYCHOLOGISCHE SCHMERZTHERAPIE UND -FORSCHUNG E.V.

KOPFSCHMERZ

Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden in der Bevölkerung. Treten diese häufig bzw. in starker Ausprägung auf, können damit hohe psychische Belastung und Einschränkungen in der Lebensführung einhergehen.

Kopfschmerzarten

Im Falle des am häufigsten vorkommenden Spannungskopfschmerz berichten Betroffene in der Regel über einen drückenden, beidseitigen Kopfschmerz (“wie ein Band um den Kopf“), der meist ohne starke Begleitsymptome auftritt und sich nicht durch körperliche Aktivität verstärkt. Die Entstehung der Spannungskopfschmerzen ist, obwohl es sich um eine häufige Erkrankung handelt, bis jetzt nicht gänzlich geklärt. Man geht von einem Zusammenwirken von Stress und erhöhter muskulärer Anspannung aus, was bei häufigem Auftreten zu einer gesteigerten Empfindlichkeit der Schmerzzentren im Gehirn führt.

Bei der Migräne sind die Kopfschmerzen meist halbseitig und werden als pulsierend beschrieben. Typische Begleitsymptome sind Übelkeit bis hin zum Erbrechen, Licht-, Geräusch- und/oder Geruchsempfindlichkeit. Migränekopfschmerzen nehmen bei körperlicher Aktivität in der Regel zu, es besteht ein Rückzugs- und Ruhebedürfnis. Etwa 20% aller Migränebetroffenen berichten über eine Migräneaura, die überwiegend vor dem Kopfschmerz auftritt. Diese kann sich u.a. in zeitweisen Sehstörungen mit Flimmersehen, Kribbeln in Armen und Beinen oder einer Sprachstörung ausdrücken. Migräne tritt meist gehäuft innerhalb einer Familie auf, d.h. es besteht eine erbliche Veranlagung. Dabei weisen Migränebetroffene eine besondere Art der Informationsverarbeitung auf. Es handelt sich sozusagen um ein „Hochleistungs-Gehirn“, dem es schwer fällt, sich von äußeren Reizen abzuschirmen. Entsteht eine Überlastung des Systems, kann es zur Überschreitung der „Migräneschwelle“ kommen. In der Migräneattacke kommt es zu einer Aktivierung schmerzverarbeitender Zentren im Gehirn mit Ausschüttung von schmerzvermittelnden Botenstoffen (Neurotransmittern).

Die im Vergleich deutlich selteneren trigeminoautonomen Kopfschmerzerkrankungen (z.B. Clusterkopfschmerz) sind durch halbseitige, heftigste Kopfschmerzen mit einem Schmerzmaximum um das Auge gekennzeichnet. Begleitend kann das Augenlid hängen, das Auge tränen und die Nase laufen oder verstopft sein. Typisch ist eine Bewegungsunruhe in der Attacke. Attacken eines Clusterkopfschmerzes sind viel kürzer als eine Migräneattacke und können sogar mehrfach täglich auftreten.

Für alle Kopfschmerzpatienten ist es wichtig zu wissen, dass die Einnahme von Schmerzmitteln an mehr als 10 Tagen im Monat zur Häufigkeitszunahme der Kopfschmerzen führen kann. Dies wird als Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch bezeichnet. Dabei werden Kopfschmerzattacken immer länger und es werden immer mehr Medikamente benötigt, um den Schmerz zu lindern.

Zur Information über die medikamentöse Behandlung von Kopfschmerzen empfehlen sich die entsprechenden Homepageseiten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG): https://www.dmkg.de

Kopfschmerz und Psyche

Vielfach belegt ist die Bedeutung von Stress für die Auslösung und Aufrechterhaltung der häufigsten Kopfschmerzformen Migräne und Spannungskopfschmerzen. Dabei scheinen vor allem ungünstige Formen der Stressverarbeitung entscheidend zu sein wie z.B. übermäßiges Grübeln über Belastungen sowie eine reduzierte Entspannungsfähigkeit.

Im Weiteren kann der Umgang mit der Kopfschmerzerkrankung selbst den Krankheitsverlauf entscheidend beeinflussen. Versuchen Betroffene, trotz Beschwerden stets weiter zu „funktionieren“, können die fortschreitende Überlastung und Erschöpfung die Kopfschmerzen verschlimmern und das Risiko eines Medikamentenübergebrauchs erhöhen. Auch der Versuch, mögliche Auslöser von Kopfschmerzen stets zu vermeiden, kann selbst zum Stressfaktor werden.

Die emotionale Belastung und Beeinträchtigung in der Lebensführung durch häufige Kopfschmerzen (z.B. Wegfall von Freizeitaktivitäten, Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit) erhöhen das Risiko einer depressiven Entwicklung. Depressive Erkrankungen wurden wiederum als bedeutsame Risikofaktoren einer Chronifizierung von Kopfschmerzen identifiziert.

Als wirksame Verfahren in der psychologischen Behandlung von Kopfschmerzen haben sich Entspannungsverfahren, Biofeedback und die kognitive Verhaltenstherapie erwiesen. In Untersuchungen zeigte sich, dass diese psychologischen Verfahren die Häufigkeit der Kopfschmerzen um 30-60 Prozent reduzieren können. Werden psychologische, medizinische und physiotherapeutische Maßnahmen gemeinsam angewendet, wie es in multimodalen Behandlungskonzepten der Fall ist, wird der beste Behandlungseffekt erzielt.

Häufige Themen der psychologischen Mitbehandlung

Migräne

Viele Betroffene kennen typische Auslöser für ihre Migräneattacken wie wenig Schlaf, das Auslassen von Mahlzeiten oder Stress. Durch entsprechende Änderungen des persönlichen Lebensstils kann die Kopfschmerzhäufigkeit oft günstig beeinflusst werden.

Nicht selten zeichnen sich Migränebetroffene durch eine hohe Pflicht- und Leistungsorientierung aus. Der Versuch, die durch die Migräne „verlorene Zeit“ durch vermehrte Anstrengung wieder hereinzuholen,  kann die nächste Kopfschmerzattacke begünstigen. Ein wichtiger Ansatzpunkt stellt deshalb die Herstellung einer günstigen Balance zwischen Aktivität und Ruhe bzw. Pflichten und ausgleichenden Aktivitäten dar.

Spannungskopfschmerz

Von häufigen Spannungskopfschmerzen Betroffene stehen oft unter anhaltenden Belastungen. Weitere Risikofaktoren können eine verminderte Wahrnehmung eigener Stressreaktionen sein wie auch die Neigung, Gefühle zu unterdrücken. Spannungskopfschmerzen führen im Vergleich zur Migräne zwar seltener zu kompletten Ausfallzeiten, der anhaltende Schmerzcharakter kann Betroffene jedoch zermürben. Das Risiko einer begleitenden depressiven Symptomatik ist v.a. bei chronischen Spannungskopfschmerzen (mindestens 15 Kopfschmerztage pro Monat) deutlich erhöht.

Medikamentenübergebrauchs-Kopfschmerz

Ein Medikamentenübergebrauch entwickelt sich häufig aus einem Teufelskreis von hoher Beanspruchung, Kopfschmerzzunahme und dem Druck, weiter im Alltag zu funktionieren. Neben der Einleitung einer Medikamentenpause und Etablierung einer medikamentösen und nichtmedikamentösen vorbeugenden Behandlung (insbes. Entspannungsverfahren, Ausdauersport), kann eine psychologische Mitbehandlung zur Rückfallprophylaxe sinnvoll sein. In dieser können individuelle Risikofaktoren (z.B. Überforderungssituationen, hohe Eigenansprüche/Zwang zu funktionieren, Angst vor den Schmerzen und/oder Funktionseinbußen, ritualisiertes Medikamenteneinnahmeverhalten) reduziert und das Vertrauen in eigene nichtmedikamentöse Schmerzbewältigungsstrategien gestärkt werden.

Autorin: Eva Liesering-Latta


Weitere Informationen: 

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